
Müstair Nordwand, zweitoberstes Register, Bildfeld Nr 36
Das Feld Nr.36 ist das letzte dieser Reihe. Es leitet zur Ostpartie über, wo in der Hauptapsis die Ankunft des ewigen Gottessohnes zur Menschwerdung dargestellt ist(es ist das Bild zum Weihnachtsgottesdienst und sozusagen das Titelbild des gesamten Freskenprogramms! Siehe den Blog vom 19. Sept.). Wieder ist nur die untere Partie der Szene erhalten. Zu sehen ist die Predigt Johannes, des Täufers, der das Volk der umliegenden Orte zur Busstaufe aufruft (Luk.3, 1- 14). Die linke Hälfte zeigt im Vordergrund - also auf dem Bühnenstreifen!- einen zweistämmigen Baum in dessen Verzweigung ein Werkzeug liegt, und den in ausgreifender Schrittstellung predigenden Herold des kommenden Messias. Rechts steht eine Gruppe von Zuhörern in der die jüdische Oberschicht kennzeichnenden Gewandung mit breitem farbigem Saum. Zwischen beiden Hälften ist im Hintergrund vielleicht das Wasser des Jordans angedeutet. Der Baum mit der Axt fehlt selten in den Darstellungen des Täufers. Meist wird er als Anspielung auf das Drohwort des Johannes interpretiert. Da er aber hier nicht in die Hintergrundkulisse integriert ist, sondern deutlich als Protagonist auf der Bühne erscheint, deute ich ihn als Zeuge des Geschehens und als Kennzeichnung eines Pilgerortes in Palästina, nämlich der Stelle am Jordan, wo sich zwei Strassen bei einer Furt durch den Fluss kreuzenm. Dort soll der Prophet Elias, wie später auch sein Schüler Elischa, die Fluten mit seinem Mantel gespaltet haben (2 Könige 2, 8-15), kurz bevor er auf feurigem Wagen in den Himmel entrückt wurde. Dort soll auch Elischa ein in den Fluten versunkenes eisernes Beil wunderbarer Weise wiederbeschafft haben (2 Könige 6,1-7). Die hier veranschaulichte Bibelstelle ist die Perikope zur Liturgie des 3. Advents-Sonntags, der diese Jahr auf den 17. Dezember fällt.
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