Freitag, März 02, 2007

Ostermorgen: die Frauen am Grab



Müstair, Nordwand Nr.68: Das leere Grab, die Frauen, der Engel auf dem Stein.Foto, U.P.S.,San Francisco

Da vom wichtigen Bild nur noch Spuren erhalten sind, mag hier das selbe Thema in einem Reichenauer Evangelistar des 11.Jh in Berlin als Sehhilfe dienen, wo allerdings der Engel ins Zentrum gerückt ist, die Frauen sich links befinden und die Grabwächter rechts und das Ganze sich innerhalb des Grabmonuments abspielt

Das Feld Nr.68 ist das frühchristliche Auferstehungsbild schlechthin (Matth.28,1-7;8-10) ist die Perikope zur Vigilfeier am Samstag abend und Markus 16, 1-7 die Perikope zum Ostersonntag). Das stets gleichbleibende Motiv ist der Engel auf dem Verschlusstein; bald ist er links, bald rechts, bald in der Mitte zu sehen. Vom Heiligen Grab gibt es verschiedene Ansichten. Die Frauen treten zu zweit oder zu dritt, auf der linken oder der rechten Seite auf. Nur in Müstair stehen sie im Zentrum. Das Bild ist dreigeteilt: Links aussen wohl der Vorbau vor dem Grab (das sonst als ein Kuppelbau oder ein offenes Ziborium wiedergegeben wird), in der Mitte die Frauen, von denen noch schwach die verschleierten Köpfe zu sehen sind, und rechts der Engel auf dem weggehobenen Stein. Man erkennt den zweifarbigen Nimbus und den Botenstab im linken Arm, sowie den schräg verlaufenden Rand der Steinplatte (Rest einer perspektivischen Ansicht) Den Hintergrund bildet eine Bergkette über der der rötliche Morgenhimmel zu sehen ist und ganz rechts oben vielleicht die fliehenden Grabwächter (oder ist das Gebüsch des Gartens gemeint?). Berge und Garten sind in der Frühzeit fast nur im syrischen Rabulas-Evangeliar zu sehen, wo der Ostermorgen zusammen mit der Kreuzigung in einem einzigen Bild in der gleichen Landschaft vereinigt sind: links die Frauen und der Engel, im Zentrum das Grab und die vom Erdbeben zu Boden geschleuderten Wächter, und rechts die Begegnung der zwei Frauen mit dem auferstandenen Christus im Garten.

Rabulas-Evangeliar, spätes 6.Jh., Syrien. Aufbewahrt in der Biblioteca Laurenziana in Florenz